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Filmkritiken

Watchmen

»Who watches the watchmen?«

»Watchmen«, USA 2009
Regie: Zack Snyder, Drehbuch: David Hayter und Alex Tse nach dem gleichnamigen Comic von Alan Moore (Text) und Dave Gibbons (Zeichnungen), Kamera: Larry Fong, Schnitt: William Hoy, Musik: Tyler Bates

Darsteller: Jeffrey Dean Morgan, Jackie Earle Haley, Patrick Wilson, Malin Akerman, Matthew Goode, Billy Crudup

Amerika in den 80er Jahren, mitten im kalten Krieg mit der Sowjetunion; das Gespenst eines Atomkriegs steht vor der Tür. Nixon wurde mehrfach als Präsident wiedergewählt, der Vietnamkrieg gewonnen. Erzählt wird die Geschichte der Superhelden (die im Vergleich zu Superman fast alle gar nicht so super sind) im Ruhestand, weil ihnen die Verbrecherjagd per Gesetz verboten wurde. Als einer von ihnen ermordet wird, wittert der Detektiv Rorschach eine Verschwörung gegen ehemalige Gesetzeshüter und versucht, die alten Kämpfer wieder zusammenzutrommeln.

Mehr möchte ich gar nicht schreiben; dazu ist die Handlung viel zu komplex. Allein im genialen Vorspann wird mehr an Story untergebracht, als in anderen Filmen steckt. Die Geschichte wird in Rückblenden und vielen scheinbar nicht zusammenhängenden Episoden erzählt, zum Teil mit einer blutigen Brutalität, dass ich mich wieder einmal wunderte, wie die Freigabe ab 16 zu Stande kommt.

Die Schauspieler kannte ich bisher alle nicht; die meisten blieben auch ziemlich blaß. Es waren einfach zu viele Helden auf einem Haufen 😉 Irritiert hat mich das Fluggerät von Night Owl, das mich doch sehr an das Fliewatüüt erinnert hat.

Alles in allem hat mir der Film gut gefallen. Und nach meinen vierstündigen 70mm-Erfahrungen fand ich die Spielzeit von 162 Minuten gar nicht so lang. Ein einziges Mal dachte ich »hey, jetzt hängt der Film gerade durch« (beim Dark Knight dachte ich das andauernd). Die Kameraführung ist erfreulich ruhig, man verliert nie den Überblick bei Actionszenen und das Bild ist scharf und interessant ausgeleuchtet. Ole Pfennig, der Synchronsprecher von Rorschach, hat einen Preis (und Halstabletten) für seinen Job verdient. Den Comic kenne ich bisher nicht; vielleicht hole ich das noch nach.

Vermutlich wird der Film nicht sehr erfolgreich bei uns; der Comic ist einfach zu unbekannt. Dazu passt der Film in keine Schublade. Für einen Actionfilm zu dialoglastig und komplex, andererseits zu viele Splattereffekte.

Vier von fünf Sternen.

Ach, noch was zur Musik: könntet ihr bitte die Verwendung von Popsongs in Filmen Quentin Tarantino überlassen? Der kann das. Nenas 99 Luftballons waren schon … überraschend. Und dieses Halleluja wollen wir ganz schnell vergessen.

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Cleopatra

»We build big monuments for our deads.
You burn them like rubish.«
Cleopatra bei Cäsars Feuerbestattung

Auch bei Cleopatra verweise ich auf die üblichen Quellen Wikipedia und IMDB. Der Film ist viel zu lang, um eine Inhaltsangabe zu schreiben. In der IMDB kann man auch nachlesen, dass der Regisseur angeblich darauf spekuliert habe, den Film in zwei Teilen ins Kino zu bringen.

Und genauso kam er mir auch vor. In der ersten Hälfte gibt Rex Harrison einen überragenden, freundlichen Cäsar, mit witzigen und geschliffenen Dialogen, während in der zweiten Hälfte ein trinkender und sich selbst bemittleidender Marc Anton brilliant von Richard Burton gespielt wird. Elisabeth Taylor als Cleopatra trägt wirklich in jeder Szene ein anderes Kostüm; lt. IMDB sollen es 65 Stück gewesen sein. Ihre schauspielerische Leistung sollte man darüber natürlich nicht vergessen 😉

Völlig irritiert hat mich Martin Landau, der mir aus meiner Kindheit nur als Chef von Mondbasis Alpha 1 bekannt war. Bei den römischen Senatoren habe ich auch ein bekanntes Gesicht entdeckt; die IMDB bestätigt, dass es tatsächlich Desmond Llewelyn war, dem gemeinen Kinogänger als Waffenmeister Q aus den James-Bond-Filmen bekannt.

Die gezeigte 2006 restaurierte Kopie hat mir als Laien gut gefallen, während die anwesenden Experten sich einig waren, dass alles viel zu dunkel war und Farben und Kontrast nur ein müder Abklatsch dessen, was ursprünglich zu sehen war. Mangels Vergleichsmöglichkeiten kann ich das nicht beurteilen, ich muss aber gestehen, dass mir eine nicht ganz perfekte Farbkopie lieber ist als ein fast monochromes rot-weißes Original. Steinigt mich 🙂

Es hat mir großen Spaß gemacht, diesen Film endlich im Kino sehen zu können. Cleopatras Einzug in Rom ist Klasse! Überhaupt entfaltet dieser Film im Fernsehen (wenn er denn gezeigt wird) nur einen Bruchteil seiner Wirkung.

Bedanken möchte ich mich beim Deutschen Filmmuseum und natürlich bei den Fachleuten, die sich bereitwillig von mir Löcher in den Bauch fragen ließen und geduldig alles beantworteten. Ich hoffe man sieht sich, spätestens im Oktober in der Schauburg zum 5. Todd-AO-Festival.

PS: die Festivalseite des Filmmuseums wurde ergänzt um Links zu Artikeln auf in70mm.com und vermutlich eigens geschriebene Beiträge von Jean-Pierre Gutzeit.

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Ben-Hur

Den Film hat vermutlich jeder einmal im Fernsehen gesehen, deswegen verkneife ich mir hier eine Inhaltsangabe und die ganzen üblichen Infos. Kann man ja bei Wikipedia und in der IMDB nachlesen. Ich beschreibe einfach meine Eindrücke von der Vorführung.

Ich war zum ersten Mal im Kino des Frankfurter Filmmuseums. Und ich war erst einmal enttäuscht. Der Saal ist vergleichsweise winzig (142 Plätze) und die Leinwand mit ca. 3 x 7 m erscheint auch klein. Ein paar Reihen hinter mir bemerkte eine Frau sehr passend: »das ist die kleinste Leinwand, auf der ich einen 70mm Film gesehen habe«. Als der Film anfing, hat sich dieser Eindruck relativiert. Die Leinwand ist gar nicht so klein, das ist nur der erste Eindruck, weil man bei 70mm-Festivals oft große Säle mit > 700 Plätzen erlebt (wobei die für die Blütezeit des Kinos auch schon eher mittelgroß sind …)

Überwältigend war der Ton. Von allen alten Filmen, die ich bisher gesehen habe, war das mit Abstand der schönste Klang. Wobei mir die Musik etwas zu, hm, überladen ist. Die Fanfare zu den main titles ist allerdings die beeindruckendste, die man sich vorstellen kann.

Bei den ersten Szenen fand ich es ziemlich ungewohnt, dass die römischen Legionäre ihre Kommandos auf amerikanisch brüllen. Von der Tondynamik bei den Dialogen war ich begeistert. Wie immer ist es ein Riesenunterschied, ob jemand seinen Text im Synchronstudio liest oder die Rolle tatsächlich spielt. Gerade Stephen Boyd als Messala liefert eine großartige Leistung. Überhaupt fand ich alle Stimmen viel, hm, passender. In der deutschen Synchro klingen viele Stellen ziemlich schmalzig. Das war im Original nicht so (oder es kam mir so vor).

Die Farben waren kräftiger, als ich erwartet hatte. Dafür war das Bild in der Breite beschnitten, was bei einigen wenigen Szenen störend war. Bei Dialogen stehen die Darsteller zum Teil extrem weit aussen und manchmal war sogar eine Hand oder der Kopf ausserhalb des Bildes. Schade.

Die Erklärung dazu habe ich nicht ganz verstanden, mal sehen, ob ich die nochmal zusammenbekomme: gedreht wurde damals im Format »MGM Camera 65«, was ein Bildverhältnis im Kino von 2,76:1 (zum Vergleich Cinemascope ist 2.35:1) ergibt. Weil das Format zur Zeit der Restaurierung in den meisten Kinos nicht mehr gespielt werden konnte, hat man die Ränder rechts und links beschnitten. Hmpf.

Trotz alledem fand ich den Film beeindruckend und war froh, nach Frankfurt gefahren zu sein. Nicht zuletzt, weil ich dort einige Herren vom Filmvorführer-Forum zum erstenmal »in Echt« kennengelernt habe.

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Doktor Schiwago

»Doktor Schiwago« (Doctor Zhivago, USA 1965)
Darsteller: Omar Sharif, Rod Steiger, Julie Christie, Geraldine Chaplin, Ralph Richardson, Sir Alec Guiness, Tom Courtenay, Klaus Kinski
Regie: David Lean
Drehbuch: Robert Bolt nach dem Roman von Boris Pasternak
Kamera: Freddie Young
Musik: Maurice Jarre
Schnitt: Norman Savage
Ausgezeichnet mit 5 Oscars für Szenenbild, Kamera, adaptiertes Drehbuch, Musik und Kostümdesign.

Eigentlich wollte ich mir den Film gar nicht ansehen. Ich kannte nur die abgedroschene Melodie und hatte die vage Vorstellung einer schmalzigen Liebesgeschichte im Kopf. Aber weil Zeit und Gelegenheit günstig waren und man nie weiß, ob man so einen Film jemals wieder im Kino zu sehen bekommt, bin ich schließlich doch Sonntagnachmittag zur Schauburg gefahren, statt das schöne Wetter für eine Wanderung zu nutzen.

Ich habe es nicht bereut. Der Film war wie eine Zeitreise. Nicht wegen der mittlerweile stark ausgeblichenen (»gefadeten«) Kopie aus den 60er Jahren. Die ruhige, langatmige aber nicht langweilige Erzählweise (ging von 15 Uhr bis 18:45 Uhr, mit Pause), die bis ins kleinste Detail liebevoll ausgestatteten Filmsets, Massenszenen ohne Computeranimation, wunderbare Musik … ein Traum.

Für die Technik-Freaks dürfte die Tatsache interessant sein, dass »Doktor Schiwago« auf herkömmlichen 35mm-Film aufgenommen wurde und dann im sogenannten Blow-Up-Verfahren auf 70mm transferiert wurde. Mehr zum Thema in Grants Blow-Up-Tagebuch auf in70mm.com.

So, jetzt wird es lang (NOCH länger?!?) und die Nacherzählung enthält Spoiler.

‚Erzählt wird die Geschichte von Larissa »Lara« (Julie Christie), ihrem heimlichen Verlobten Pascha (Tom Courtenay) und ihrem Liebhaber, dem Politiker, Geschäfts- und Lebemann Victor Komarovsky (Rod Steiger). Schon bald kreuzen sich ihre Wege mit dem des jungen Arztes und Dichters Juri Schiwago (Omar Sharif), der von Lara fasziniert ist. Trotzdem heiratet Schiwago – wie von allen erwartet – Tonya Gromeko (Geraldine Chaplin), die Tochter seiner Pflegeeltern.

Während des ersten Weltkrieg begegnet Dr. Schiwago in einem Lazarett Lara wieder, die als freiwillige Krankenschwester tätig ist. Die beiden sind sich sehr zugetan, bleiben aber ihren Ehepartnern treu. Am Ende des Kriegs kehrt Schiwago nach Moskau zurück, um festzustellen, dass sein Elternhaus teilweise von Revolutionären als Wohnraum beschlagnahmt wurde. Als die Versorgungslage immer prekärer wird, beschließt die Familie auf ihren Landsitz im Ural umzuziehen. Die Zugfahrt in primitiven Güterwagons dorthin erscheint endlos. Trotzdem ist Schiwago hingerissen von den kurzen Ausblicken auf atemberaubende Landschaften.

Wie es der Zufall will, wohnt Lara mit ihrer Tochter im Nachbardorf und Schiwago besucht sie immer öfter. Er ist hin- und hergerissen zwischen der Liebe zu seiner Ehefrau Tonya und der zu Lara. Am Tag, als er schließlich mit der Beziehung zu Lara Schluß macht, wird er auf dem Heimweg von Soldaten entführt, die einen Arzt brauchen.

Erst zwei Jahre später kann Dr. Schiwago den Truppen entfliehen und nach seiner Familie suchen. Die ist mittlerweile nach Frankreich emmigriert; Lara wohnt aber immer noch in der alten Wohnung und nimmt ihn unter Freudentränen als Mitbewohner auf. Aus Sicherheitsgründen ziehen sie in das alte Anwesen Schiwagos, in dessen Räumen sich mittlerweile gespenstische Schnee- und Eismassen breit gemacht haben. Trotz der Abgeschiedenheit und aller Not ist Schiwago glücklich und schreibt das erste Mal seit langem wieder Gedichte.

Natürlich kann dieses kleine Glück nicht von Dauer sein; Komarovsky taucht wieder auf und beschwört die drei mit ihm zu kommen, weil demnächst Soldaten kämen um Lara wegen ihres Mannes Pascha abzuholen und zu erschießen. Die schwangere Lara will nicht ohne Schiwago gehen, der zum Schein einwilligt mitzukommen, unter einem Vorwand aber zurückbleibt.

Am Ende lebt Schiwago einsam und herzkrank in Moskau. Als er während einer Straßenbahnfahrt Lara auf dem Gehweg sieht, kämpft er sich aus dem Waggon, rennt ihr aufgeregt hinterher und bricht mit einem Herzanfall tot zusammen. Während die Menge auf Schiwago zuströmt, läuft Lara weiter, ohne das Unglück zu bemerken.

Wie Dr. Juri Schiwagos Halbbruder General Jewgraf Schiwago (Sir Alec Guiness) in der Rahmenhandlung berichtet, war sie auf der Suche nach ihrer gemeinsamen Tochter (die er immer noch sucht) nach Moskau gekommen. Lara verschwindet; vermutlich in einem Lager, ohne ihre Tochter wiederzufinden.

General Schiwago jedoch hat endlich in der Frau, der er die ganze Geschichte erzählt hat, die Tochter Laras und seines Halbbruders Juri Schiwagos gefunden.

Puh. Tatsächlich bis hier her gelesen? Unglaublich. Und sorry, besser habe ich die Zusammenfassung nicht hinbekommen.

Meine Meinung zum Film: solche großartigen Werke werden (fast) nicht mehr gemacht. Ein Film fast ohne Special Effects? Getragen von Geschichte, Darstellern und Ausstattung? Eine Seltenheit. Ausgezeichnete schauspielerische Leistungen von Rod Steiger, Julie Christie, Ralph Richardson (Schiwagos Schiegervater) und natürlich Omar Sharif. Wobei der ein bischen blaß bleibt, was oft das Problem strahlender Helden ist.

Von der rusischen Revolution hatte ich bisher keine Vorstellung; vermutlich war sie unendlich viel grausamer als im Film dargestellt. Wobei das schon traurig genug war. Die Filmmusik ist nicht halb so schmalzig wie befürchtet, selbst das Stück, das jeder kennt (und das es auch in einer gruseligen Fassung von Karel Gott gibt) ist im Original nicht so »überzuckert«. Ich konnte nicht widerstehen und habe den Original-Soundtrack bei Ebay gekauft, vom dem ich praktischerweise die Doppelfassung zusammen mit dem von »Ryan’s Tochter« gefunden habe.

Ein sehr beeindruckender Film, der die Oscars für Ausstattung, Kamera und Musik wirklich verdient hat. Ein großes Dankeschön an die Schauburg.