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Filmkritiken

Inglourious Basterds

Oberst Landa: [giddy] »That’s a bingo!«
Lt. Raine: [Lt. Aldo and PFC. Utivich stare at him in confusion]
Oberst Landa: »Is that the way you say it: That’s a bingo?«
Lt. Raine: »You just say bingo.«
Oberst Landa: »Ahhh! BINGO! What fun! But, I digress. Where were we?«

Plakat

»Inglourious Basterds« (USA / Deutschland 2009)
Buch und Regie: Quentin Tarantino, Kamera: Robert Richardson, Schnitt: Sally Menke, Szenenbild: David Wasco, Stunt Double Laurent und Kruger: Zoë Bell, German Translation quality assurance: Tom Tykwer
Darsteller: Christoph Waltz (Oberst Hans Landa), Mélanie Laurent (Shosanna Dreyfus), Brad Pitt (Lt. Aldo Raine), Daniel Brühl (Fredrick Zoller), Diane Kruger (Bridget von Hammersmark), Michael Fassbender (Lt. Archie Hicox), Til Schweiger (Hugo Stiglitz)

»Inglourious Basterds« erzählt in scheinbar lose zusammenhängenden Kapiteln Geschichten aus dem von Nazis besetzten Frankreich. Im ersten Kapitel unterhält sich der SS-Oberst Landa (Christoph Walz) mit einem Milchbauern (Denis Menochet), im zweiten werden die sogenannten »Basterds« – eine amerikanische Truppe unter Leitung von Lt. Aldo »the Apache« Raine (Brad Pitt) – vorgestellt, die hinter den feindlichen Linien brutal und erfolgreich Angst und Schrecken verbreiten, im dritten Kapitel wird gezeigt, wie ein deutscher Kriegsheld (Daniel Brühl) eine französische Kinobesitzerin (Mélanie Laurent) umwirbt, danach geht es weiter mit der Operation »Kino« …

Filme von Quentin Tarantino sind immer sehr … speziell. Man mag sie oder kann sie nicht ausstehen – ich bin ein Fan. Deswegen ist die folgende Lobeshymne mit Vorsicht zu genießen. 😉

Die Trailer ließen ja einen tumben Gemetzelfilm vermuten. Weit gefehlt. Tarantino hat einen dialoglastigen Film mit vielen kammerspielartigen langen Szenen gedreht, die von kurzen aber um so heftigeren Gewaltausbrüchen unterbrochen werden. Die Bilder sind unbeschreiblich gut gelungen, Kameraführung, Beleuchtung, Bühnenbild und Requisite sind erstklassig. So stelle ich mir großes Kino vor.

Dazu exzellente Darsteller, die man gar nicht alle nennen kann. Erwähnen möchte ich den mir bisher unbekannten Christoph Walz, der einen Bösewicht spielt, wie man ihn so furchterregend lange nicht mehr gesehen hat, Mélanie Laurent, die so gut spielt wie sie aussieht, Daniel Brühl, der nicht nur charmant, sondern auch überraschend brutal aufspielt, Denis Menochet als wortkargen Bauern, Till Schweiger, Diane Kruger … ein wunderbares Ensemble bis in die kleinsten Nebenrollen. So wird z. B. in einer Szene am Schluß die Stimme am anderen Ende einer Funkverbindung von keinem geringeren als Harvey Keitel gesprochen.

Überhaupt, die Sprache. Den Film *MUSS* man im Originalton hören, alles andere hat keinen Sinn. Tarantino hat es geschafft, alle Rollen mit Schauspielern der entsprechenden Nationalität zu besetzen und sprechen zu lassen. Und in wenigstens zwei Szenen funktioniert die Handlung nur durch die verschiedenen Sprachen (Englisch, Deutsch, Französisch, Italienisch), weil z. B. Oberst Landa erst auf französisch und später auf englisch spricht (Christoph Waltz ist da ein Phänomen; er spricht all diese vier Sprachen fließend). Optimal war die in der »Schauburg« gezeigte Fassung mit deutschen Untertiteln. Die braucht man auch; Brad Pitt nuschelt fast so unverständlich wie Marlon Brando. Sein Italienisch dagegen ist … göttlich.

Da der Film hauptsächlich in Berlin gedreht wurde, sieht man viele bekannte Gesichter im Hintergrund, z. B. Christian Berkel als Kneipenwirt oder Bela B. von den »Ärzten«. Überraschende Erfahrung.

Ebenfalls überrascht war ich zu Hause, als ich bei Recherchen zur verwendeten Musik über »Green Leaves of Summer« gestolpert bin, das ich eigentlich aus der Vorführung von »The Alamo« kennen sollte. Wenn man den Gerüchten glauben schenken darf, wollte Tarantino ursprünglich Altmeister Ennio Morricone für den Soundtrack verpflichten, was nicht geklappt hat. So blieb es – wie bei Tarantino üblich – beim (gelungenen) Recycling von Filmmusikklassikern.

Der Film hat – kein Wunder bei 154 Minuten – einige wenige Längen; allerdings wüßte ich nicht, was man weg lassen sollte. Bei den Gewaltszenen hätte ich mir etwas weniger gewünscht; z. B. Skalpieren möchte ich nicht so detailliert sehen müssen. Und Lee Marvin (der mit seiner Rolle aus »Das dreckige Dutzend« als Vorlage diente) anstelle von Brad Pitt wäre göttlich gewesen.

Fazit: ein genial gemachter beeindruckender Film nicht für jedermann, unbedingt im Originalton anzusehen.

Fünf von fünf Sternen.

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Nachts im Museum 2

Larry: »Wie ist unser Plan?«
General Custer: »Plan? Wir sind Amerikaner. Wir handeln zuerst!«

Normalerweise schreibe ich meine Meinung zum Film am Tag danach, was gerade aus verschiedenen Gründen dieses Mal nicht geklappt hat. Nur ganz kurz und ohne die üblichen Infos zu Stab und Darstellern (steht eh‘ auf IMDB): der Film bietet gute, solide Unterhaltung. Was will man mehr bei einer Komödie mit Ben Stiller?

Sicher hatte der erste Teil die abwechslungsreicherer Handlung. Trotzdem vergingen die 105 Minuten wie im Flug. Und ich habe bei vielen Stellen lauthals gelacht. Ich sage nur die Szene mit dem Wächter und der Taschenlampe. Der grausame Pharao mit dem Sprachfehler. Oder die Herren von Mission Control, die unbedingt ihre Rakete im Museum zünden wollen. Und Star Wars kriegt nebenbei auch sein Fett ab (wie schon Edna Mode sagte: no capes!). Und der Soundtrack von Alan Silvestri ist Klasse.

4 von 5 Sternen.

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Star Trek

Spock: „We are traveling at warp speed. How did you manage to beam aboard the ship?“
Kirk: „You’re the genius. You figure it out.“
Spock: „As acting Captain of this vessel, I order you to answer the question.“
Kirk: „Well, I’m not telling, acting Captain.

Bisher habe ich im Kino selten erlebt, dass das Publikum beim Abspann zu applaudieren beginnt. Bei „Star Trek“ in der englischsprachigen Vorpremiere war es so.

Ich muss vorweg schicken, dass ich mit Raumschiff Enterprise aufgewachsen bin. Samstags ging es in die Badewanne und danach um 18 Uhr vor den Fernseher. War schon immer eine meiner liebsten Fernsehserien. Und der neue Film ist meiner bescheidenen Meinung nach einer der besten aus der Kinoserie von Star-Trek-Filmen! (fast besser als Teil 2 und fast so gut wie Teil 6) Schon nach der Pre-Titel-Sequenz war ich restlos begeistert.

Episodenhaft wird der Lebensweg von Kirk, Spock und Uhura erzählt, bis schließlich alle aus der Serie bekannten Charaktere nach und nach auf der „Enterprise“ zusammenkommen. Durch einen genialen Drehbucheinfall, den ich hier nicht verraten möchte hat man es geschafft, sich von einigen aus der Serie bekannten Teilen der Vorgeschichte zu befreien. Das ist schlüssig gemacht, wirkt nicht konstruiert und bietet den Vorteil, das Kirk sich nicht über verschiedene Raumschiffe zur Enterprise „hochdient“ sondern gleich dort landet.

Die Schauspieler sind gut gewählt und jeder aus der späteren Stammcrew hat wenigstens eine liebevoll gestaltete Szene. Vor allem Mr. Chekov rettet mehr als einmal die Hauptpersonen aus kniffligen Lagen. Sein Akzent ist einfach göttlich, ebenso der von Mr. Scott (die Vorpremiere in der Karlsruher „Schauburg“ war im Originalton). Die Sets sind alle beindruckend; es wirkt zum ersten Mal glaubhaft, dass die Enterprise eine vierhundertköpfige Besatzung hat.

Der Film hat trotz Laufzeit von 126 Minuten keine Längen, er ist durchweg spannend, ohne dass der Humor zu kurz käme. Und ILM zeigt, dass sie bei Raumschlachten immer noch einsame Spitze sind. Lediglich die Musik fand ich ein bischen schwach, da hätte ich mir einen Soundtrack von James Horner gewünscht, der z. B. die Musik zu „Star Trek 2: Die Rache des Khan“ geschrieben hat.

Das Team um Regisseur J. J. Abrams hat das Kunststück fertiggebracht, zu einer Fernsehkultserie ein ausgezeichnetes Prequel zu liefern.

Seltene Wertung: 5 von 5 Sternen. Wer auch nur ein bischen was fürs gute alte Raumschiff Enterprise übrig hat, muss den sehen.

Nachtrag: Kritiken von hartgesottenen Trekkies gibt es (auf englisch) bei Harry Knowles. Von den Jungs, die bei der unangekündigten Vorpremiere in Texas waren.

Credits

»Star Trek«, USA 2009\r\n
Director: J. J. Abrams, Buch: Roberto Orci, Alex Kurtzman, Kamera: Daniel Mindel, Schnitt: Maryann Brandon, Mary Jo Markey, Musik: Michael Giacchino, Visuelle Effekte: Industrial Light and Magic
Darsteller: Chris Pine (James T. Kirk), Zachary Quinto (Spock), Leonard Nimoy (Spock), Karl Urban (Dr. Leonard ‚Bones‘ McCoy), Zoe Saldana (Nyota Uhura), Simon Pegg (Scotty), John Cho (Hikaru Sulu), Anton Yelchin (Pavel Chekov), Bruce Greenwood (Capt. Christopher Pike), Ben Cross (Sarek) und Eric Bana (Nero)

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Watchmen

»Who watches the watchmen?«

»Watchmen«, USA 2009
Regie: Zack Snyder, Drehbuch: David Hayter und Alex Tse nach dem gleichnamigen Comic von Alan Moore (Text) und Dave Gibbons (Zeichnungen), Kamera: Larry Fong, Schnitt: William Hoy, Musik: Tyler Bates

Darsteller: Jeffrey Dean Morgan, Jackie Earle Haley, Patrick Wilson, Malin Akerman, Matthew Goode, Billy Crudup

Amerika in den 80er Jahren, mitten im kalten Krieg mit der Sowjetunion; das Gespenst eines Atomkriegs steht vor der Tür. Nixon wurde mehrfach als Präsident wiedergewählt, der Vietnamkrieg gewonnen. Erzählt wird die Geschichte der Superhelden (die im Vergleich zu Superman fast alle gar nicht so super sind) im Ruhestand, weil ihnen die Verbrecherjagd per Gesetz verboten wurde. Als einer von ihnen ermordet wird, wittert der Detektiv Rorschach eine Verschwörung gegen ehemalige Gesetzeshüter und versucht, die alten Kämpfer wieder zusammenzutrommeln.

Mehr möchte ich gar nicht schreiben; dazu ist die Handlung viel zu komplex. Allein im genialen Vorspann wird mehr an Story untergebracht, als in anderen Filmen steckt. Die Geschichte wird in Rückblenden und vielen scheinbar nicht zusammenhängenden Episoden erzählt, zum Teil mit einer blutigen Brutalität, dass ich mich wieder einmal wunderte, wie die Freigabe ab 16 zu Stande kommt.

Die Schauspieler kannte ich bisher alle nicht; die meisten blieben auch ziemlich blaß. Es waren einfach zu viele Helden auf einem Haufen 😉 Irritiert hat mich das Fluggerät von Night Owl, das mich doch sehr an das Fliewatüüt erinnert hat.

Alles in allem hat mir der Film gut gefallen. Und nach meinen vierstündigen 70mm-Erfahrungen fand ich die Spielzeit von 162 Minuten gar nicht so lang. Ein einziges Mal dachte ich »hey, jetzt hängt der Film gerade durch« (beim Dark Knight dachte ich das andauernd). Die Kameraführung ist erfreulich ruhig, man verliert nie den Überblick bei Actionszenen und das Bild ist scharf und interessant ausgeleuchtet. Ole Pfennig, der Synchronsprecher von Rorschach, hat einen Preis (und Halstabletten) für seinen Job verdient. Den Comic kenne ich bisher nicht; vielleicht hole ich das noch nach.

Vermutlich wird der Film nicht sehr erfolgreich bei uns; der Comic ist einfach zu unbekannt. Dazu passt der Film in keine Schublade. Für einen Actionfilm zu dialoglastig und komplex, andererseits zu viele Splattereffekte.

Vier von fünf Sternen.

Ach, noch was zur Musik: könntet ihr bitte die Verwendung von Popsongs in Filmen Quentin Tarantino überlassen? Der kann das. Nenas 99 Luftballons waren schon … überraschend. Und dieses Halleluja wollen wir ganz schnell vergessen.

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Doktor Schiwago

»Doktor Schiwago« (Doctor Zhivago, USA 1965)
Darsteller: Omar Sharif, Rod Steiger, Julie Christie, Geraldine Chaplin, Ralph Richardson, Sir Alec Guiness, Tom Courtenay, Klaus Kinski
Regie: David Lean
Drehbuch: Robert Bolt nach dem Roman von Boris Pasternak
Kamera: Freddie Young
Musik: Maurice Jarre
Schnitt: Norman Savage
Ausgezeichnet mit 5 Oscars für Szenenbild, Kamera, adaptiertes Drehbuch, Musik und Kostümdesign.

Eigentlich wollte ich mir den Film gar nicht ansehen. Ich kannte nur die abgedroschene Melodie und hatte die vage Vorstellung einer schmalzigen Liebesgeschichte im Kopf. Aber weil Zeit und Gelegenheit günstig waren und man nie weiß, ob man so einen Film jemals wieder im Kino zu sehen bekommt, bin ich schließlich doch Sonntagnachmittag zur Schauburg gefahren, statt das schöne Wetter für eine Wanderung zu nutzen.

Ich habe es nicht bereut. Der Film war wie eine Zeitreise. Nicht wegen der mittlerweile stark ausgeblichenen (»gefadeten«) Kopie aus den 60er Jahren. Die ruhige, langatmige aber nicht langweilige Erzählweise (ging von 15 Uhr bis 18:45 Uhr, mit Pause), die bis ins kleinste Detail liebevoll ausgestatteten Filmsets, Massenszenen ohne Computeranimation, wunderbare Musik … ein Traum.

Für die Technik-Freaks dürfte die Tatsache interessant sein, dass »Doktor Schiwago« auf herkömmlichen 35mm-Film aufgenommen wurde und dann im sogenannten Blow-Up-Verfahren auf 70mm transferiert wurde. Mehr zum Thema in Grants Blow-Up-Tagebuch auf in70mm.com.

So, jetzt wird es lang (NOCH länger?!?) und die Nacherzählung enthält Spoiler.

‚Erzählt wird die Geschichte von Larissa »Lara« (Julie Christie), ihrem heimlichen Verlobten Pascha (Tom Courtenay) und ihrem Liebhaber, dem Politiker, Geschäfts- und Lebemann Victor Komarovsky (Rod Steiger). Schon bald kreuzen sich ihre Wege mit dem des jungen Arztes und Dichters Juri Schiwago (Omar Sharif), der von Lara fasziniert ist. Trotzdem heiratet Schiwago – wie von allen erwartet – Tonya Gromeko (Geraldine Chaplin), die Tochter seiner Pflegeeltern.

Während des ersten Weltkrieg begegnet Dr. Schiwago in einem Lazarett Lara wieder, die als freiwillige Krankenschwester tätig ist. Die beiden sind sich sehr zugetan, bleiben aber ihren Ehepartnern treu. Am Ende des Kriegs kehrt Schiwago nach Moskau zurück, um festzustellen, dass sein Elternhaus teilweise von Revolutionären als Wohnraum beschlagnahmt wurde. Als die Versorgungslage immer prekärer wird, beschließt die Familie auf ihren Landsitz im Ural umzuziehen. Die Zugfahrt in primitiven Güterwagons dorthin erscheint endlos. Trotzdem ist Schiwago hingerissen von den kurzen Ausblicken auf atemberaubende Landschaften.

Wie es der Zufall will, wohnt Lara mit ihrer Tochter im Nachbardorf und Schiwago besucht sie immer öfter. Er ist hin- und hergerissen zwischen der Liebe zu seiner Ehefrau Tonya und der zu Lara. Am Tag, als er schließlich mit der Beziehung zu Lara Schluß macht, wird er auf dem Heimweg von Soldaten entführt, die einen Arzt brauchen.

Erst zwei Jahre später kann Dr. Schiwago den Truppen entfliehen und nach seiner Familie suchen. Die ist mittlerweile nach Frankreich emmigriert; Lara wohnt aber immer noch in der alten Wohnung und nimmt ihn unter Freudentränen als Mitbewohner auf. Aus Sicherheitsgründen ziehen sie in das alte Anwesen Schiwagos, in dessen Räumen sich mittlerweile gespenstische Schnee- und Eismassen breit gemacht haben. Trotz der Abgeschiedenheit und aller Not ist Schiwago glücklich und schreibt das erste Mal seit langem wieder Gedichte.

Natürlich kann dieses kleine Glück nicht von Dauer sein; Komarovsky taucht wieder auf und beschwört die drei mit ihm zu kommen, weil demnächst Soldaten kämen um Lara wegen ihres Mannes Pascha abzuholen und zu erschießen. Die schwangere Lara will nicht ohne Schiwago gehen, der zum Schein einwilligt mitzukommen, unter einem Vorwand aber zurückbleibt.

Am Ende lebt Schiwago einsam und herzkrank in Moskau. Als er während einer Straßenbahnfahrt Lara auf dem Gehweg sieht, kämpft er sich aus dem Waggon, rennt ihr aufgeregt hinterher und bricht mit einem Herzanfall tot zusammen. Während die Menge auf Schiwago zuströmt, läuft Lara weiter, ohne das Unglück zu bemerken.

Wie Dr. Juri Schiwagos Halbbruder General Jewgraf Schiwago (Sir Alec Guiness) in der Rahmenhandlung berichtet, war sie auf der Suche nach ihrer gemeinsamen Tochter (die er immer noch sucht) nach Moskau gekommen. Lara verschwindet; vermutlich in einem Lager, ohne ihre Tochter wiederzufinden.

General Schiwago jedoch hat endlich in der Frau, der er die ganze Geschichte erzählt hat, die Tochter Laras und seines Halbbruders Juri Schiwagos gefunden.

Puh. Tatsächlich bis hier her gelesen? Unglaublich. Und sorry, besser habe ich die Zusammenfassung nicht hinbekommen.

Meine Meinung zum Film: solche großartigen Werke werden (fast) nicht mehr gemacht. Ein Film fast ohne Special Effects? Getragen von Geschichte, Darstellern und Ausstattung? Eine Seltenheit. Ausgezeichnete schauspielerische Leistungen von Rod Steiger, Julie Christie, Ralph Richardson (Schiwagos Schiegervater) und natürlich Omar Sharif. Wobei der ein bischen blaß bleibt, was oft das Problem strahlender Helden ist.

Von der rusischen Revolution hatte ich bisher keine Vorstellung; vermutlich war sie unendlich viel grausamer als im Film dargestellt. Wobei das schon traurig genug war. Die Filmmusik ist nicht halb so schmalzig wie befürchtet, selbst das Stück, das jeder kennt (und das es auch in einer gruseligen Fassung von Karel Gott gibt) ist im Original nicht so »überzuckert«. Ich konnte nicht widerstehen und habe den Original-Soundtrack bei Ebay gekauft, vom dem ich praktischerweise die Doppelfassung zusammen mit dem von »Ryan’s Tochter« gefunden habe.

Ein sehr beeindruckender Film, der die Oscars für Ausstattung, Kamera und Musik wirklich verdient hat. Ein großes Dankeschön an die Schauburg.

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Ryans Tochter

»Unemployment is a dangerous occupation!«

Father Collins

»Ryans Tochter«
(Ryan’s Daughter), UK 1970
Darsteller: Sarah Miles, Trevor Howard, Robert Mitchum, Christopher Jones, John Mills, Barry Foster, Leo McKern
Regie: David Lean
Buch: Robert Bolt
Kamera: Freddie Young
Musik: Maurice Jarre

In einem kleinen irischen Dörfchen zur Zeit des Osteraufstands 1916 lebt Rose (Sarah Miles), die Tochter des Pubbesitzers Ryan (Leo McKern). Sie träumt von einem interessanten Leben, schwärmt für den viel älteren, verwittweten Dorfschulmeister (Robert Mitchum) und heiratet ihn schließlich, obwohl der Lehrer nicht so recht überzeugt ist, dass das gut gehen wird.

Es geht auch wirklich nicht lange gut. Rose ist unzufrieden, ohne recht zu wissen, was ihr fehlt. Das kann sie jedoch nur gegenüber dem Pfarrer Collins (Trevor Howard) eingestehen. Als sie den neu in den Ort abkommandierten englischen Kriegshelden Doryan (Christopher Jones) kennenlernt, verliebt sie sich Hals über Kopf in ihn.

Natürlich wissen alle im Dorf im Handumdrehen Bescheid, nicht zuletzt wegen einer Pantomime des stummen Dorftrottels Michael (John Mills, der zu recht den Oscar dafür erhielt, wobei sein Zahnprothesenmacher auch einen verdient hätte). Rose wird als »Engländerhure« beschimpft und ausgegrenzt.

Zu der Zeit kommen irische Rebellen unter Leitung von Tom O’Leary (Barry Foster) ins Dorf, um mit Hilfe der Bevölkerung Waffen am Strand zu bergen. Ryan verrät das an die Engländer. Natürlich sind alle im Dorf überzeugt, dass seine Tochter Rose als Geliebte des englischen Offiziers die Veräterin ist …

Ein Film von 1970? Wer schaut sich denn sowas im Kino an? Ich. Und zwar nicht, weil ich ein 70mm-Fanatiker wäre, sondern weil ich alte Filme mag. Und Kinovorführungen. Großes Bild, gewaltiger Sound, keine Werbeunterbrechung, volle Konzentration auf den Film.

»Ryans Tochter« ist nicht gerade kurz, die Vorstellung hat um 15 Uhr begonnen und ging inklusive Pause bis Viertel vor Sieben. Im Wohnzimmer vor der Glotze schafft man das kaum, die Laufzeit inklusive Werbepausen möchte ich mir lieber nicht vorstellen.

David Lean hat die Zeit gut genutzt. Die Geschichte hat alle Zeit der Welt, um sich zu entwickeln. Und die raue Schönheit Irlands wird ausgiebig in aller Pracht gezeigt. Für die wundervollen Bilder erhielt Kameramann Freddie Young den Oscar.

Die Bergung der Waffen bei Sturm ist grandios. Es ist eben ein Unterschied, ob man tatsächlich in meterhohen Brechern schwimmt oder alles nur am Computer generiert ist.

Erstaunlich auch, dass das armselige alte Dörfchen extra für den Film gebaut wurde. Die Arbeiten am Film zogen sich dementsprechend über zwei Jahre hin.

Von den Schauspielern fand ich Sarah Miles großartig, ebenso Trevor Howard und John Mills. Überhaupt, John Mills. Unglaublich, mit welcher Intensität der Mann spielt, und alles, ohne einen Satz sagen zu dürfen. Für mich am bewegendsten die Abschiedsszene, als er realisiert, dass sein großer Schwarm das Dorf verlassen wird.

Robert Mitchum erschien mir etwas blass; das kann aber mit seiner Rolle als etwas einfältigem Lehrer gelegen haben. Die Statisten fand ich ebenfalls überraschend gut. Die Massenszenen bei der Hochzeit, am Strand und gegen Ende des Films – ist wohl auch das Spezialgebiet von Regisseur David Lean gewesen.

Der Kinobesuch hat sich wirklich gelohnt. Schade, dass nicht ganz 20 Zuschauer den Weg in die Schauburg gefunden haben. Und schade, dass es den Soundtrack von Maurice Jarre nicht zu kaufen gibt.

Vier von fünf Sternen.

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The International

„Das einzige, was man als Regisseur wirklich können muss, ist, sich ein gutes Team zu suchen. Und eine gute Besetzung. Beim Rest kann man mogeln.“Das einzige, was man als Regisseur wirklich können muss, ist, sich ein gutes Team zu suchen. Und eine gute Besetzung. Beim Rest kann man mogeln.“

Tom Tykwer

»The International«
Darsteller: Clive Owen, Naomi Watts, Armin Mueller-Stahl, Ulrich Thomsen, Brian F. O\’Byrne, Michel Voletti, Patrick Baladi, Alessandro Fabrizi
Director: Tom Tykwer
Buch: Eric Singer
Director of Photography: Frank Griebe
Schnitt: Mathilde Bonnefoy
Production Design: Uli Hanisch
Musik: Reinhold Heil, Johnny Klimek und Tom Tykwer

Anke Gröner wurde einmal für das Schreiben von Filmkritiken der Rat gegeben, einfach die Geschichte nachzuerzählen. Das ging mir durch den Kopf, als ich nach »The International« nach Hause gefahren bin. Nur: es klappt nicht. Die Story läßt sich nicht zusammenfassen, dazu ist sie zu diffus. Ein Ermittler von Interpol sammelt Material gegen eine Bank (oder gegen den Chef? oder gegen den Vorstand?) und immer, wenn er etwas in Händen zu haben glaubt, verschwinden Beweise, werden Akten »korrigiert«, sterben Zeugen.

Der Film machte mir großen Spaß. Er ist ausgezeichnet fotografiert, die Bilder sind ruhig und scharf, interessant beleuchtet und auch in der wildesten Schießerei verliert man als Zuschauer nie den Überblick. Noch dazu ist der Film wunderbar »altmodisch« geschnitten; keine Spur von diesem bei vielen neuen Filmen leider üblichen Schnittstakkato.

Überhaupt, die Bildsprache in diesem Film: einfach klasse. Da stecken viele gute Ideen drin, z. B. als nach dem Attentat aus der Vogelperspektive die in verschiedene Richtungen flüchtende Menschenmenge gezeigt wird. Oder die Verfolgungsjagd, bei der Owen zu Fuß hinter einem Auto her ist, nach einer Abkürzung um die Ecke biegt und plötzlich auf dem Fußgängerüberweg vor an einer roten Ampel auf vier Spuren wartenden schwarzen Autos steht, darunter irgendwo der Attentäter – das ist großes Kino.

Die Schauplatzwechsel von Berlin über Mailand nach New York und Istanbul tragen das ihre dazu bei, ebenso die beeindruckenden Gebäude, die als Kulisse gewählt wurden. Hoffentlich haben die Bond-Verantwortlichen den Film gesehen, damit sie lernen, wie man es richtig macht.

Bis in die Nebenrollen ist alles gut besetzt, überragend spielen Clive Owen (der die ganze Zeit überzeugend zerknittert und übernächtigt aussieht) und Armin Mueller-Stahl. Lediglich Naomi (Wer?) sieht mächtig blaß aus. Die minimalistische Musik mit ihrem ständigen bedrohlichen Unterton rundet das ganze ab.

Damit legt der erste Film, den ich 2009 im Kino gesehen habe die Meßlatte schon ziemlich hoch. Gute Arbeit, Herr Tykwer.

4 von 5 Sternen.

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Wanted

»Das Schiffchen fliegt, der Webstuhl kracht,
Wir weben emsig Tag und Nacht –
Altdeutschland, wir weben dein Leichentuch,
Wir weben hinein den dreifachen Fluch –
Wir weben, wir weben!«

aus »Die schlesischen Weber« von Heinrich Heine

Darsteller: James McAvoy, Angelina Jolie, Morgan Freeman, Thomas Kretschmann, Terence Stamp
Regie: Timur Bekmambetov
Drehbuch: Michael Brandt, Derek Haas, Chris Morgan nach den Comics von Marc Millar und J. G. Jones
Kamera: Mitchell Amundsen
Musik: Danny Elfman

Bei »Wanted« bin ich ins Kino gegangen in der Erwartung einer extrem dürftigen Story und gewaltigen Actionszenen. Das erfüllt »Wanted« voll und ganz.

Wesley Gibson (James McAvoy) ist ein kleiner Büroangestellter im Großraumbüro, der so unbedeutend ist, dass nicht einmal Google etwas zu seinem Namen findet 😉 Eines Tages steht Fox (Angelina Jolie) im Supermarkt neben ihm und behauptet, dass er der Sohn des besten Killers der Welt sei. Weiter kommt sie nicht, denn nun beginnt eine wüste Schießerei und eine wirklich unglaubliche Verfolgungsjagd, die teilweise aus dem Trailer bekannt ist.

Fox bringt ihn zu Sloan (Morgan Freeman), der Wesley erklärt, dass es eine geheime Bruderschaft gäbe, bestehend aus Killern mit sagenhaften Fähigkeiten und dass er einer von ihnen sei. Wie sein Vater, der kurz nach Wesleys Geburt verschwunden ist und der jetzt von einem Abtrünnigen ermordet worden sei. Und Wesley sei der einzige, der seinen Vater rächen könne.

In einer wirklich gelungenen Szene (von der vermutlich alle Büroangestellten träumen) verabschiedet sich Wesley von seiner tyrannischen Chefin und seinen teils fiesen Kollegen. In den Räumlichkeiten von Sloans Weberei (!) muss er eine schwierige und blutige Ausbildung durchmachen. Schließlich wird ihm noch erklärt, dass die Bruderschaft ihre Tötungsaufträge vom Schicksal persönlich per Webstuhl durch Webfehler, die man als Binärcode lesen und in Namen umsetzen kann erhält.

Nee, oder? An dieser Stelle wurde meine Erwartung an eine dürftige Story weit übertroffen. Dafür hätte man wahrlich etwas besseres erfinden können. Irgendeinen Supercomputer oder Google-Assasin oder was weiß ich. Naja.

Nachdem die Ausbildung ausführlich gezeigt wird, muss sich Wesley ein paar Mal bewähren, ehe er auf Rachefeldzug gegen den Mörder seines Vaters ziehen darf. Immer begleitet von seinem Coach Fox.

Wenn man die Story beiseite läßt, ist Wanted ein Film mit den unglaublichsten und spektakulärsten Stunts. Sicher hat man das meiste so ähnlich schon gesehen, aber nie so bombastisch und geballt.

Fazit: gelungenes Actionkino mit, ahem, dünnster Story, nach dem ich mit einem irren Grinsen das Kino verlassen habe. Anders als bei dem hochgelobten dunklen Ritter aus Gotham.

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Brügge sehen … und sterben?

Marie: „Why don’t you both put your guns down and go home?“
Harry: „Don’t be stupid! This is the shootout.“

Plakat

Ein Film, der in keine Kategorie passt: voll rabenschwarem Humor, zum Brüllen komisch, gleichzeitig melancholisch (die Szene mit Schuberts »Leiermann«! unglaublich), tragisch, brutal und mit Anklängen an Samurai-Filme.

Schwierig zu beschreiben.

Die Story: Zwei irische Auftragsmörder werden von ihrem Boss (Ralph Fiennes) nach einem mißglückten Job für einige Zeit nach Brügge geschickt. Dort ist während der Weihnachtszeit fast alles ausgebucht, weshalb die beiden sehr unterschiedlichen Herrn (exzellent gespielt von Brendan Gleeson und Colin Farrell) mit einem Doppelzimmer vorlieb nehmen müssen.

Während der eine begeistert die Stadt besichtigt, ist der andere nur genervt und will heim. Die sich daraus ergebenden Situationen sind einfach köstlich. Nur leider ist da der Beruf der Herren und der unglückliche Vorfall, der überhaupt zu diesem Zwangsurlaub geführt hat. Deshalb ist dann schon bald Schluß mit Lustig und das Drama nimmt seinen Lauf.

Mehr darf man eigentlich nicht verraten. Für mich ist es der Film des Jahres. Humorvoll, anrührend, brutal. Herrvoragende Schauspieler, ausgezeichnet inszeniert, gut fotografiert, ruhig geschnitten. Und den Soundtrack habe ich mir gleich bestellt.

Erwähnen möchte ich noch, dass ich von Clémence Poésy begeistert war. Endlich mal keine der üblichen Filmschönheiten mit am Reißbrett geplantem Gebiss. Wunderte mich, dass die noch nirgends zu sehen war. Und nachdem ich recherchiert habe, hat es mich noch mehr gewundert, dass sie bei Harry Potter als Fleur dabei war. Ist mir dort nicht aufgefallen.

»Brügge sehen … und sterben?« Irland 2008 (Original: »In Bruges«), Buch und Regie Martin McDonagh, Kamera Eigil Bryld, Musik Carter Burwell. Mit Brendan Gleeson, Colin Farrell, Ralph Fiennes, Clémence Poésy, Jordan Prentice, Thekla Reuten u. a.